„Wir wiegen Leid nicht gegeneinander auf, Nico.“

- Circle

Circle - Reihe

Urban Fantasy im Flüsterton (und in Arbeit).
Befasst sich mit Seelen, Dämonen, der Frage nach Reinkarnation und einer Liebe, die sich gegen die Zeit stellt. Geeignet für alle, die ...

... lieber fühlen als kämpfen.
... Frieden in Herzschmerz finden.
... gerne über das Leben philosophieren.
... Trost im Angesicht des Todes suchen.

 

Neugierig geworden?
Den ersten Band gibt es als Paperback und E-Book. Die Reihe wird bis Ende 2025 vollständig veröffentlicht.

Circle - Prolog
seit 11.04.2025

Beschworen in ein neues Leben.
Ein neues Leben?
Nein, vielmehr ist es ein Fluch.

Nico existiert zwischen den Welten. Ohne Körper, ohne Erinnerungen. Das Dasein als Geist ist die Hölle für ihn. Er sieht die Welt, doch sie sieht ihn nicht. Kein Geräusch, keine Berührung, keinen Kontakt zu den Lebenden. Es ist ein Schicksal, das ihn verzweifeln lässt, aber er muss es nicht alleine bestreiten. Und als er langsam Vertrauen fasst,
keimt neue Hoffnung auf, der schieren Endlosigkeit zu entkommen – sein Funke in der Dunkelheit …
Bis ein Dämon auftaucht und ihm eine Wahrheit zeigt,
die selbst den Tod verändert.

Leseprobe: Circle - Prolog

Kapitel 1
(Eine Version zum Download folgt)

»Bist du da?« 

Das war das Erste, was er hörte. Noch bevor die Finsternis sich legte, bahnten diese Worte sich ihren Weg in sein Bewusstsein und ließen ihn erschrocken zurückweichen.

Doch weit kam er nicht.

Eine unsichtbare Wand hielt ihn davon ab, vor der Stimme zu fliehen, die aus der Dunkelheit hinter dem Schein von fünf weißen Kerzen zu ihm sprach. Es waren fünf Stück, wie er feststellte. Teilweise heruntergebrannt standen sie auf den Spitzen eines fünfzackigen, aus weißem Pulver gestreuten Sterns, der sich in einem ebenfalls gestreuten Kreis befand. Ein Kreis, der ihn einsperrte.

»Gib mir ein Zeichen, wenn du hier bist.«

Sein Blick huschte in Richtung der Stimme und erfasste das Brett, das ihm gegenüber lag. Zwei Buchstabenreihen waren in dessen Mitte eingraviert. Ein Stück darunter die Zahlen von Null bis Neun. Worte standen in den Ecken, aber sein Hirn nahm sie nicht auf. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, zu atmen. Die Luft, die stoßweise aus seiner Lunge drang, schien immer dünner zu werden. 

Die Kerzen.

Ihr heißes Licht raubte ihm den Sauerstoff und verbrannte seine Haut, obwohl er sie nicht berührte. Im Gegenteil. Er bemühte sich, so weit wie möglich von ihnen fernzubleiben, während er sich gegen die unsichtbare Barriere presste.

»Antworte ihr.«

Erschrocken sah er nach rechts. Dorthin, wo eine zweite Stimme sprach. Sie war näher als die erste, dadurch lauter, und eben diese Lautstärke jagte ihm eine Gänsehaut über den gesamten Körper. Er zog seine Beine an, kauerte sich zusammen und duckte sich, als wolle er sich hinter seinen Knien verstecken.

Ein Seufzen ließ ihn zusammenfahren.

Er rechnete mit Schmerzen, die nicht kamen, und wünschte sich, zu wissen, wo er sich befand oder wie er hierhergekommen war, denn seine Erinnerungen sprachen nicht zu ihm. Sein Kopf beherbergte keinerlei Gedanken – nur Angst. Panische Angst, die ihn erzittern ließ. Sein ganzer Körper bebte, und all seine Sinne schrien ihn an, zu fliehen.

Erfolglos.

Selbst wenn die Wand nicht wäre, würde er sich nicht in der Lage fühlen, sich auch nur einen Zentimeter zu rühren. Sein Körper war taub, seine schnelle Atmung das Betäubungsmittel.

Er kniff die Augen zusammen, als gleißendes Licht den Raum erhellte. Versuchte blinzelnd, sich schnellstmöglich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen und endlich zu sehen, wo er war. Doch der Ort, ein einfaches Wohnzimmer, kam ihm nur bedingt bekannt vor. Er konnte nicht behaupten, je hier gewesen zu sein, und fragte sich unweigerlich, ob es damit zusammenhing, dass er überhaupt noch nie irgendwo gewesen war. Es war ein eigenartiges Gefühl. Zwar konnte er jedes Möbelstück benennen, fand aber keine Erklärung darüber, woher dieses Wissen stammte.

»Alles gut?«

Abermals zuckte er vor der Stimme zurück, stieß erneut gegen die Wand und erinnerte sich schmerzlich daran, wie begrenzt sein Platz war. Dafür konnte er sie jetzt sehen: die Quelle der Stimme. Das Gesicht eines jungen Mannes, der neben ihm hockte und ihn amüsiert musterte.

»Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«

»W-wo bin ich?«

»In ihrer Wohnung.« Der Fremde nickte in Richtung der Frau, die gerade aus dem Wohnzimmer verschwand. »Ich bin Malik, und du?«

»W-wie …?« Er schaffte es nicht, seinen Satz zu Ende zu bringen. Zu wirr waren seine Gedanken, zu schwer seine Stimme.

»Sie hat dich beschworen. Aber mach dir keine Sorgen, gleich kommst du hier raus.« Malik klopfte gegen die Barriere. »Sie hat noch nicht herausgefunden, dass sie uns auch wieder zurückschicken muss, wenn wir nicht für immer hierbleiben sollen.«

»Zurück?«

Allmählich beruhigten sich seine Nerven. Jetzt, da er sah, wer mit ihm sprach, war die ganze Situation etwas weniger beängstigend. Was mitunter an Maliks tiefer Stimme lag, die sich wie eine gewichtete Decke über ihn legte.

»Ins Afterlife.« Malik grinste. »Keine Ahnung, was es wirklich ist. Bin hier genauso aufgewacht wie du.«

»A-afterlife? W-wir sind tot?«

»Mausetot. Jetzt sag, wie heißt du?«

»Nico.«

»Freut mich sehr.« Malik stützte die Hände auf dem Boden ab und winkelte seine Beine zum Schneidersitz an. »Ich hatte schon Angst, sie würde mich hier für immer alleine lassen. Bin gestorben vor Langeweile.« Er lachte über seinen eigenen Witz, und irgendetwas an diesem Lachen erlaubte Nico, seine Muskeln etwas mehr zu entspannen.

Es klang … vertraut. Ebenso wie sich seine Angst vertraut anfühlte. Zwei kleine Beweise dafür, dass er tatsächlich einst gelebt hatte, auch wenn er sich nicht an diese Zeit erinnerte. 

»Dann sieht sie uns nicht?«, traute er sich zu fragen und deutete mit einer zögernden Geste in Richtung der Tür.

Malik schüttelte den Kopf. »Sieht uns nicht, hört uns nicht, spürt uns nicht …«

Nico nickte zögernd. Von niemandem gesehen und von niemandem gehört werden – es klang wie ein wahrgewordener Traum, von dem er nicht wusste, ihn je geträumt zu haben. Tot zu sein war auf einmal nichts mehr, wovor er sich fürchtete. Hatte er sich überhaupt davor gefürchtet? Die Neuigkeit hatte ihn überrascht, aber nicht verunsichert. Als wäre es ihm bereits klar gewesen, ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben.

»Oh!« Unter Maliks plötzlichem Ausruf riss Nico erschrocken den Kopf herum. »Deine Rettung naht.«

Er folgte Maliks Blick und tatsächlich kehrte die Frau zu ihnen zurück. Sie kam geradewegs auf ihn zu und weckte erneut sein Bedürfnis, zurückzuweichen.  Er unterdrückte es. Weit kam er ohnehin nicht, und sollte die Frau ihn wirklich nicht sehen können, machte es keinen Unterschied. Malik schien recht zu haben. Sie interessierte sich kein Stück für ihn, als sie auf die Knie ging und die Kerzen auspustete. Vorsichtig, um das geschmolzene Wachs nicht auf dem hellen Parkettboden zu verteilen.

Kaum war die erste Kerze erloschen, fiel Nico rücklings aus dem Salzkreis. Er hatte gar nicht bemerkt, wie fest er sich gegen die Wand gepresst hatte, und schaffte es gerade noch, seinen Sturz abzufangen.

»Herzlichen Glückwunsch! Du bist frei.« Malik stand auf. So abrupt, dass Nico ein weiteres Mal zusammenzuckte, wofür er einen skeptischen Blick erntete. »Entspann dich. Ich tue dir schon nichts.«

Malik durchquerte den Raum und ließ sich aufs Sofa fallen. Der Stoff gab nicht unter ihm nach. Er hätte sich genauso gut auf ein Brett setzen können.

»Wie funktioniert das hier?« Ein wenig unbeholfen zwang Nico sich zum Aufstehen. Seine Knie waren weich vor Aufregung und als er endlich festen Halt unter seinen Füßen fand, behagte es ihm nicht im Geringsten, inmitten des Wohnzimmers zu stehen. Er kam sich vor wie auf einem Präsentierteller und Maliks neugierige Blicke machten die Situation nicht besser.

»Keine Ahnung. Ein paar Sachen habe ich mir zusammengereimt, aber im Großen und Ganzen«, er schaute sich in dem Raum um, »bin ich genauso unwissend wie du.«

»Wie lange bist du schon hier?«

»Erst vier Tage, zum Glück. Wobei ich etwas Schiss bekommen habe, als sie vorhin das Brett wieder ausgepackt hat. Dachte schon, sie holt mir einen Vollidioten ins Haus.« Malik grinste.

Ein Grinsen, das Nico mit einem verlegenen Lächeln quittierte. Er kannte Malik nicht, und der Kerl war größer, als ihm lieb war. Dennoch schätzte er sich glücklich, überhaupt jemanden hier zu haben, der mit ihm sprach. Andernfalls hätte er sicher den Verstand verloren. Sofort. Nicht erst nach vier Tagen.

»W-was hast du die ganze Zeit über gemacht?«

Malik hob die Schultern. »Gesessen. Nachgedacht. Wenn mir richtig langweilig war, gestanden. Ich glaube, ich kenne ihre Wohnung jetzt besser als sie selbst.«

»Können wir raus?«

»Nope. Unsichtbare Wände an allen Fenstern und der Tür. Für dich getestet.« Malik zwinkerte ihm zu. »Anfassen können wir übrigens auch nichts.«

»Gar nichts?«

»Gar. Nichts. Also überleg dir gut, in welchem Zimmer du die Nacht verbringen möchtest. Einmal musste ich im Badezimmer auf dem Boden pennen, wobei«, nachdenklich wiegte er den Kopf von einer Seite zur anderen, »wir auch nicht schlafen können.«

»U-und durch Wände gehen?«

Wieder ein Lachen von Malik, doch dieses Mal beruhigte es Nico nicht. Stattdessen kam er sich bescheuert vor. So sehr, dass er am liebsten im Erdboden versunken wäre.

»Nein. Du kannst es aber gerne testen, wenn du magst.«

Nico schüttelte den Kopf. Vielleicht würde er es tun, wenn Malik nicht hinschaute.

»Habe ich mir fast gedacht.« Der Fremde stand auf. Erneut ohne Vorwarnung. Erneut glaubte Nico, deswegen an einem Herzinfarkt zu sterben. Nur einen Moment lang, denn im nächsten realisierte er, dass sein Herz überhaupt nicht schlug. Weder jetzt noch in seiner Angst vorhin hatte es ein Lebenszeichen von sich gegeben.

Um sicherzugehen, tastete Nico nach seinem Puls, was Malik ein drittes Mal zum Lachen brachte. »Du kannst mir ruhig glauben, wenn ich dir sage, dass wir tot sind.«

Beschämt ließ Nico seine Hand sinken. »Aber wir atmen.«

»Verrückt, oder? Komm, ich führe dich herum.« Malik steuerte die Tür an und Nico folgte ihm. Abwechslung war gut und solange Malik vor ihm herging, fühlte er sich sicher. Allerdings nur solange, bis er im Flur vor dem Spiegel stehen blieb. Zwei Meter hoch, mindestens einen halben Meter breit. Nico stand direkt davor und doch …

»Wir haben kein Spiegelbild.« Malik gesellte sich an seine Seite und verschränkte die Arme vor der Brust. Dabei starrte er in das Glas, das nichts zeigte außer die Wand und den Jackenhaken hinter ihnen.

Eilig ging Nico weiter. Was immer hier abging, es spielte mit seinem angeschlagenen Gemüt.

Ohne zu wissen, wohin er wollte, ging er weiter zur nächstgelegenen Tür. Sie stand nur halb offen, aber der Spalt reichte, um das dahinter liegende Zimmer mühelos zu betreten. Ein Schlafzimmer, wie sich herausstellte. Von der Einrichtung her hatte es einen ähnlich schlichten Stil wie das Wohnzimmer, nur lagen hier überall Klamotten herum. Der Schreibtisch war vollgestellt mit allerlei Krempel und das Bett zerwühlt. Auf den ersten Blick entdeckte Nico Geschirr, leere Getränkeflaschen, Zettel, …

»Hier bin ich fast nie«, erklärte Malik hinter ihm, und Nico wusste, dass auch er sich hier nicht oft aufhalten würde. Das Chaos jagte ihm einen Schauer über den Rücken und er hoffte inständig, dass es sich langfristig auf diesen Raum beschränkte, während er mit hochgezogenen Schultern den Rückzug antrat.

Malik ging ihm voraus und führte ihn geradewegs in das schräg gegenüberliegende Badezimmer. Einen Schritt schaffte Nico hinein, dann trat er auch schon auf eine einzelne herumliegende Socke. Wie schon das Sofa bei Malik, gab sie nicht nach. War er wirklich so leicht, obwohl sein Körper sich so schwer anfühlte?

Um sicherzugehen, stupste er das Kleidungsstück mit dem Fuß an. Es rührte sich keinen Millimeter. Trotz des weichen Stoffs schien das Teil hart wie Stein.

»Habe ich doch gesagt.« Malik lehnte im Türrahmen und betrachtete ihn mit einer Mischung aus Belustigung und Mitgefühl.

»E-es ist seltsam.«

»Man gewöhnt sich dran.«

Hoffentlich. Das Dasein als Geist war vollkommen anders, als Nico sich vorgestellt hatte.

Vorgestellt? Wann? Es war, als hätte er sich einst Gedanken darüber gemacht. Allgemein merkte er, dass er eigentlich genau wusste, was er von dieser Welt erwarten konnte. Nur wurde keine einzige dieser Erwartungen erfüllt. Er war ein Alien auf einem fremden Planeten. Ein Mensch gefangen im falschen Körper.

Er schluckte Luft hinunter, denn Speichel schien er genauso wenig zu haben wie ein Herz, und drehte sich zu Malik um. »Wir haben gar keinen Körper, oder?«

»Nicht wirklich.« Malik seufzte. Er stieß sich vom Türrahmen ab und ging in den Flur zurück. »Aber auseinanderfallen tun wir auch nicht. Das ist doch schon mal etwas.«

Nico nickte, obwohl Malik es nicht sah. »Glaubst du, sie beschwört noch mehr Geister?«

»Falls ja, hoffe ich, dass sie bald lernt, uns zurückzuschicken. Könnte sonst eng werden.«

Wenige Worte, die sich augenblicklich in Nicos Gedanken abzeichneten – in Form eines Bildes der vollkommen überfüllten Wohnung. Er im Zentrum. Gefangen in einer stetig wachsenden Menge aus Geistern. Allesamt unbekannt. Nicht alle so freundlich, wie Malik bisher war. Er spürte ihre Körper. Ihren Atem. Ihre Berührungen. Seine Klaustrophobie kroch seinen Nacken herauf und er fuhr zusammen, als Malik ihm aus dem Nichts heraus eine Hand auf die Schulter legte. 

»Weißt du«, die Hand verschwand genauso schnell, wie sie gekommen war. »Im Zweifelsfall können wir einen Geist einfach bitten, ihr von unserem Problem zu erzählen.«

»Ja.« Nico schlang die Arme um sich. So weit hätte er denken können. »A-aber was, wenn sie niemanden mehr beschwört?«

»Dann bleiben wir wohl hier.« Behutsam schob Malik ihn zurück ins Wohnzimmer. »Jetzt, da wir zu zweit sind, gibt es Schlimmeres.«

»Ach ja?« Für Nico gab es kaum etwas Schlimmeres, als für immer eingesperrt in dieser Wohnung zu leben. Unfähig, etwas anzufassen und somit unfähig, sich ernsthaft zu beschäftigen.

»Wer weiß?« Malik ließ sich der Länge nach aufs Sofa fallen. Sein Körper – oder in welcher Hülle auch immer sie steckten – schlug hart auf den weichen Untergrund. Malik störte sich nicht daran. Er musste diese Bewegung in den letzten Tagen Hunderte Male ausgeführt haben.

Nico schaute zurück in den Flur. Um sich von den anbahnenden Grübeleien abzulenken, deutete er auf eine letzte Tür. Sie war verschlossen, und die Frau musste sich dahinter befinden, denn er hatte sie nicht mehr gesehen. »Was ist dort?« 

»Küche.« Malik verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und winkelte ein Bein ein. »Geh da nicht rein, wenn du dich nicht quälen willst.«

»Wieso?«

»Weil unsere Nasen hervorragend funktionieren. Es ist Folter. Hör auf einen erfahrenen Geist und halte dich von dort fern.«

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